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Macht der Berührungen Wer hart sitzt, verhandelt hart

Einflussreicher Tastsinn: Psychologen haben die Macht der Berührungen entschlüsselt. Angenehme Berührungen stimmen milde, unangenehme machen feindselig - der Kaffee kann den Ausgang des Bewerbungsgespräches bestimmen.
Sechster Sinn: Taubblinde kommunizieren über Berührungen.

Sechster Sinn: Taubblinde kommunizieren über Berührungen.

Foto: DDP

Wer angenehme Gespräche sucht, kann seinen Gegenüber mit einfachen Tricks freundlicher stimmen: Man reiche eine heiße Tasse Kaffee und platziere ihn in einen weichen Sessel. Beides mildere die Stimmung, berichten Forscher im Wissenschaftsblatt Science .

In ihrer Studie prüften Wissenschaftler um John Bargh von der amerikanischen Universität Yale den Einfluss des Tastsinns. Wer eine heiße Tasse Kaffee hält, verhält sich demnach warmherziger als jemand, der ein kaltes Getränk in der Hand hat. Wer hart sitzt, verhandelt auch hart. Der Kontakt mit Hartem oder Weichem, Schwerem oder Leichtem, Heißem oder Kaltem beeinflusst unsere Urteile und Entscheidungen.

In Experimenten brachten die Forscher zufällig ausgewählte Passanten gezielt in Kontakt mit Gegenständen. Dabei mussten die Probanden Gespräche führen. In einem Versuch sollten die Testpersonen über den Preis für ein neues Auto verhandeln. Wer dabei auf einem harten Stuhl saß, verhielt sich unnachgiebiger als jemand, der in einem weichen Sofa lehnte. "Das ist Verhaltensprägung durch den Hosenboden", sagt Bargh.

In einem Experiment berührten Versuchspersonen entweder eine weiche Decke oder einen harten Holzblock. Anschließend beurteilten diejenigen, die das harte Holz angefasst hatten, andere Menschen streng und eher feindselig.

Bargh erklärt den Einfluss damit, dass der Tastsinn mit Eindrücken etwa von Weichheit, Härte, Kälte oder Wärme zu den ersten Empfindungen im Kindesalter zählt. Damit präge diese Wahrnehmung auf abstrakter Ebene auch das Fühlen und Denken in Bezug auf Menschen oder soziale Beziehungen. In der Sprache spiegele sich dies in Ausdrücken wider wie "ein hartes Herz" oder "ein warmes Lächeln".

"Die alte Vorstellung der Trennung von Körper und Geist stimmt ganz und gar nicht. Unser Geist ist mit unserem Körper tief und organisch verbunden", sagt Bargh.

Schon länger hat sich in der Wissenschaft die Überzeugung durchgesetzt, dass psychische Empfindungen körperliche Prozesse beeinflussen. Dass umgekehrt auch die körperliche Wahrnehmung die Psyche beeinflusst, ist dagegen bisher weniger genau erforscht.

Bargh folgert aus seinen Ergebnissen: "Körperliche Empfindungen formen nicht nur unsere Gedanken und Wahrnehmung, sondern sie beeinflussen auch unser Verhalten anderen gegenüber."

sus/apn